Teil 1/3: Damals hatte ich einen immer gleichen Tagesablauf: Morgens Taxi fahren, dann zur Vorlesung, essen, abends lernen – immer die gleiche Routine. Und ich ging jeden Tag erneut begeistert zu den Vorlesungen. Die Professoren hatten so viel Erfahrung aus der Praxis und konnten ihre Inhalte mit immer neuen Geschichten bereichern. Ich ging völlig in meinem Studium auf.
Bis eines Tages….. Es war ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag. Doch dann erhielt ich einen Anruf, der sehr merkwürdig war. Eine Frau war am Telefon: „Ich brauche ein Taxi nach Dortmund, aber nicht jetzt, sondern heute Nacht um 1 Uhr, geht das?“. Und ich war auch pünktlich um 1 Uhr vor ihrer Haustür. Ihre Schwester, deren Freund und sie kamen herunter und stiegen ein. Die Schwester und ihr Freund saßen hinten, sie neben mir. Ich fuhr sie nach Dortmund. Wir unterhielten uns angeregt, es war eine angenehme Fahrt. Plötzlich fragte die Schwester von hinten: „Herr Taxifahrer, sind Sie eigentlich verheiratet?“ Ich antwortete: „Nein, ich bin nicht verheiratet“. „Meine Schwester ist auch nicht verheiratet“.
Zum ersten Mal schauten Sonja und ich uns richtig an – und ich merkte, dass sie ein wenig rot wurde. Wie verabredet holte ich sie später auch wieder aus Dortmund ab. Und da kam es schon auf dieser Fahrt dazu, dass wir unsere Telefonnummern austauschten. Es vergingen dann noch zwei Tage, bis ich ihr eine SMS schrieb. Die Nummer war mir nur zufällig vor die Augen gekommen, bis dahin hatte ich alles nicht wirklich ernst genommen. Sie antwortete positiv und wir fingen an, uns zu treffen.
Etwa drei Wochen später war ich schon das erste Mal in ihrer Wohnung. Das ging mir fast ein bisschen zu schnell, aber alles war so natürlich und selbstverständlich, dass es einfach richtig war. Sonja‘ s elfjähriger Sohn Dominik akzeptierte mich sofort, und zwei Wochen später habe ich dann zum ersten Mal bei ihr geschlafen – und dann bin ich sogar richtig bei ihr eingezogen.
Alles war wie im siebten Himmel. Wir machten so viel zusammen, unternahmen viele Ausflüge, waren auf der Cranger Kirmes, im Zoo, im Kino, im Hallenbad… die Zeit verging viel zu schnell. Der erste Monat war unbeschreiblich schön, so schön, dass es dafür eigentlich keine Worte gibt. Dominik hatte seine Arme weit für mich geöffnet, und ich meine für ihn. Bisher war ich immer allein zu Hause gewesen, das war nun eine gute Umstellung für mich. Auch mit Sonja‘ s Mutter verstand ich mich sehr gut, und mit der ganzen Familie, mit allen sechs Geschwistern. Es gab überhaupt keine Probleme, nicht mal ameisengroß.
Das lief etwa sechs Monate so. Ich nahm Sonja auch mit zu den Vorlesungen, machte ihr Mut, ihren Schulabschluss nachzuholen. Sie machte es tatsächlich, schaffte dann später auch den Realschulabschluss und machte eine Umschulung zur Einzelhandelskauffrau. Und sie hat den Beruf auch erfolgreich abgeschlossen. Mit der Schule hat sie sich ganz schnell angefreundet, ich war richtig stolz auf sie.
Wir konnten über alles reden. Ich habe darauf geachtet, dass wir nicht auf der gleichen Stelle bleiben. Ich wollte, dass wir immer weiterkommen, dass wir uns positiv weiterentwickeln. Es gab überhaupt keine Langeweile bei uns. Alles war prima.
Nach einem Jahr fing es langsam an, dass Missverständnisse auftauchten. Ich sah, dass wir langsam anfingen, aneinander vorbeizureden. Auch mit Dominik wurde etwas anders. Plötzlich fing er an, manchmal „nein“ zu sagen, wenn ich ihn anspornte, weitere Sportabzeichen zu machen oder die Schule noch ernster zu nehmen. Ich merkte, dass ich vielleicht zu etwas viel von den beiden forderte. Ich studierte Finanzwirtschaft und Personalmanagement und ich wollte sie mitnehmen auf meinem Weg. Heute sehe ich auch wirklich ein, dass ich zu viel verlangte. Nach einem Jahr veränderte sich dann der Ton. Die „Neins“ wurden weniger freundlich, es kam Streit auf. Ich wollte sogar, dass Sonja später noch studiert, da bin ich zu weit gegangen, das weiß ich heute.
Ihre Mutter Annette warnte mich, nicht zu viel Druck zu machen. Ich wollte zum Beispiel, dass sie aufhört zu rauchen, oder dass sie einfach weniger raucht. Als Taxifahrer komme ich gut damit zurecht, wenn jemand raucht, aber ich hatte an ihre Gesundheit gedacht.
Kapitel 3:
Teil 1:Von einer grossen Liebe… erzaehlt Kemal Arkin
Teil 2:Aus Liebe wurde Eis… bei Kemal Arkin
Teil 3:Hoer nicht zu, wenn sie reden – meint Kemal Arkin
Neueste Kommentare